JugendPlus online: Gammakurs »Römerbrief« Teil 9 – begleitetes Bibellesen für Fortgeschrittene.
Der Geist Gottes überwindet die Sünde (Römer 8,1–11)
Gottes Geist ist selten ein Thema – außerhalb der pfingstlerischen oder charismatischen Ecke. Hier aber ist der Geist außerordentlich wichtig. Paulus geht es hier darum, dass die Christen in Rom den Geist zum Zuge kommen lassen, indem sie »geistlich« leben, nicht mehr leiblich.
Für mich bildet einen Kernvers der Römer 8,5:
5 Wenn wir von unserer selbstsüchtigen Natur bestimmt werden, liegt uns an dem, was unsere Natur will; wenn wir vom Geist Gottes bestimmt werden, liegt uns an dem, was der Geist Gottes will.
Sicher erinnert Ihr Euch an die »Adam-Christus«-Typologie, also daran, dass durch Adam (den ersten Menschen) die Sünde in die Welt kam und damit der Tod, die Trennung von Gott, der Rauswurf aus dem Paradies. – Im zweiten Teil der Typologie (also einer gewissen Gleichsetzung bei gegensätzlicher Aufgabe) ist es Christus, der durch sein schuldloses Sterben für alle Menschen, für die die das glauben und annehmen, alles getilgt hat, was von Gott trennt. So wie Christus auferweckt wurde, so werden wir auferweckt werden (vgl. 1.Kor.15,12–22).
Für Paulus hängt an der Auferstehung Jesu seine Bestätigung durch den Vater, dass er wirklich der verheißene Retter ist. Letztlich hängt daran das Evangelium: Wenn er nicht der Retter wäre, dann könnte er keine Versöhnung bringen. Dann wäre das Evangelium erledigt.
Paulus spielt den Gegensatz von einerseits menschlicher, selbstsüchtiger Natur (die zum Tod führt) und Geist Gottes aus:
6 Was unsere selbstsüchtige Natur will, führt zum Tod. Was der Geist Gottes will, führt zum Leben, zu Heil und Frieden.
Aus eigener Kraft können wir uns nicht retten (wie Münchhausen: An den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen – schön wäre es!) – Nein, das geht nicht. Der Punkt ist: Christen sind nicht mehr von ihrem eigenen, menschlichen Willen, bestimmt, sondern vom Geist Gottes, der in ihnen wohnt. Anders gesagt: Dass jemand an Jesus als den Retter glaubt, das folgt für Paulus aus dem Geist, der es einem Menschen nahelegt und plausibel macht. – Und wenn der Geist in einem Menschen wohnt, dann kann der Mensch auch anders leben als zuvor: Nämlich geheiligt.
Das »filioque-Problem« einmal anders betrachtet…
Zwischen der Kirche im Westen des Abendlandes (Rom) und dem Osten (Konstantinopel) gab es im Mittelalter Streit und Entfremdung. Wo genau man den Bruch zwischen der später römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen festmacht, ist hier nicht so wichtig (viele nennen 1054 – morgendländisches Schisma…) Jedenfalls haben sich schon zuvor die kirchlichen Wege getrennt entwickelt.
Theologisch ist das so genannte »Filioque« ein Problem in diesen Streitigkeiten. Im Westen hatte man im Glaubensbekenntnis beim Artikel über den Heiligen Geist hinzugefügt, dass er auch aus dem Sohn hervorgegangen sei. – Und nicht nur aus dem Vater. (Das Glaubensbekenntnis ist das aus Nicäa in der Fassung des Konzils von Konstantinopel 381, wie es auf dem Konzil von Calcedon 451 verkündet und als maßgeblich erklärt wurde. – Es wird bei uns teils in festlichen Gottesdiensten gebraucht, z.B. Ostern manchmal. Nicht in diesem Corona-Jahr.)
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater (und dem Sohn)[3] hervorgeht,
Historisch hat die Ostkirche unstrittig recht. In den Konzilsakten steht es ohne das »und dem Sohn« (= lateinisch: »filioque«). Inhaltlich aber ist gerade wegen unseres Textes heute nicht zu leugnen:
9 Ihr aber seid nicht mehr von eurer eigenen Natur bestimmt, sondern vom Geist, so gewiss der Geist Gottes in euch Wohnung genommen hat. Wer diesen Geist – den Geist von Christus – nicht hat, gehört auch nicht zu ihm. 10 Wenn nun also Christus durch den Geist in euch lebt, dann bedeutet das: Euer Leib ist zwar wegen der Sünde dem Tod verfallen, aber der Geist erfüllt euch mit Leben, weil Christus die Sünde besiegt hat und ihr deshalb bei Gott angenommen seid.
In Vers 9 heißt es ausdrücklich: »den Geist von Christus«. Insofern lag die Westkirche inhaltlich theologisch schon richtig, wenn sie vom Geist sagt, dass er aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht.
Der Geist Gottes bewirkt Glauben, Hoffnung und Heiligung
Die Hoffnung, die Paulus den Christen in Rom vermitteln möchte, ist: Wenn Gott den Christus auferweckt hat, dann wird er auch uns auferwecken. Der Geist bewirkt also nicht allein den Glauben von Menschen, sondern auch die Heiligung und – ganz wichtig – dass Christen auch dann, wenn sie noch hier leben und insofern sterblich sind, ist dem Tod doch die Macht genommen über Christenmenschen: Denn Gott wird sie auferwecken.
Wenn in frommer Sprache manchmal (nach einem Todesfalls) gesagt wird, dass jemand »heimgegangen« sei, dann heißt das: Diese Person ist schon da, wo sie hoffte, hin zu gelangen: Bei Gott.
Wenn der Geist Gottes aber hilft, dass wir geheiligt leben, dann haben wir Hoffnung über den Tod hinaus. Das war besonders wichtig in Zeiten, in denen Christen (teils tödliche) Verfolgungen drohten. – Sie konnten anders leben, weil sie keine Angst hatten. – Noch eines ist wichtig: Wenn wir durch den Geist Gottes erneuert werden, dann ist der Glaube ein erster Schritt. Heiligung, also ein anderes Leben, ist ein weiterer. Gemeinschaft mit anderen Christenmenschen und damit Gemeinde werden erst möglich. Menschen sind mehrheitlich von Natur her selbstsüchtig. Wir werden zur Liebe befähigt.
Der Text heute hat es in sich. So mag ein Abschnitt genügen. – Fortsetzung am Donnerstag.
F.W.