JugendPlus online: Gammakurs »Römerbrief« Teil 14 – begleitetes Bibellesen für Fortgeschrittene.
Nur ein Rest hat die Botschaft angenommen (Römer 11,1–10)
Paulus Lösung für die Frage, wie es denn gleichermaßen sein kann, dass Gottes Erwählung Israels bestehen bleibt und andererseits die meisten im Volk nicht an Jesus als den Messias, den Christus, glauben, ist der Gedanke des Rests. Er findet dieses Motiv bereits in einigen alttestamentlichen Texten, die er zitiert. – Dieser Gedanken passt auch gut mit dem der Gnade zusammen: Eigentlich hätte Gott sie ganz verwerfen können bzw. müssen. Weil er aber gnädig ist, tut er es nicht.
Im letzten Abschnitt bin ich nicht eingegangen auf die Hinführung zu diesen Gedanken: In Kapitel 10, Verse 20 und 21 heißt es:
»Ich ließ mich finden von denen, die mich nicht suchten, sagt Gott. Ich habe mich denen gezeigt, die nicht nach mir fragten.« – und dann:
»Tag für Tag habe ich einladend die Hände ausgestreckt nach einem Volk, das mir nicht gehorcht und mir ständig widerspricht.«
Beides steht in Jesaja 65, kurz vor dem Ende des Prophetenbuches. Am Ende kommen die vielfältigen Völker zu Gott. Da wird dann der Bund erweitert, alle kommen nach Jerusalem, so der Prophet.
»1 Ich ließ mich suchen von denen, die nicht nach mir fragten, ich ließ mich finden von denen, die mich nicht suchten. Zu einem Volk, das meinen Namen nicht anrief, sagte ich: Hier bin ich, hier bin ich! 2 Ich streckte meine Hände aus den ganzen Tag nach einem ungehorsamen Volk, das nach seinen eigenen Gedanken wandelt auf einem Wege, der nicht gut ist; 3 nach einem Volk, das mich beständig ins Angesicht kränkt«… (Jesaja 65)
Der Vorteil, den das Volk Israel hat, von Gott zu wissen, quasi mit der Erziehung schon ganz vieles mit zu bekommen, ist ähnlich wie bei manchen, die aus christlichen Familien kommen. Man weiß vieles. – Allein: Es kommt drauf an, was man dann daraus macht. Er reicht nicht, von Gott zu wissen. Das ist keine Beziehung. Will ich selbst wirklich zu tun haben mit ihm? Strebe ich danach, seinen Willen zu tun? – Im Volk gab es das in ritualisierter Form, Gesetz, Tempel, Priester. Alles war da. Aber kein echtes Suchen und Fragen der Menschen nach Gott. – Genau das war das Problem.
Ein Sprichwort sagt: »Gott kennt keine Enkel«. Mit anderen Worten: Bloß weil meine Großeltern Christen sind, bin ich es noch lange nicht.
Juden und Nichtjuden sollen gemeinsam zum Ziel kommen (Römer 11,11–15)
Eine spannende Missionsstrategie für Israel hat Paulus hier. In einem Wort gesagt: Konkurrenz belebt das Geschäft. – Weil so wenige Juden Christen wurden, zog etwa Paulus (aber auch andere, wie wir in der Apostelgeschichte lesen) weiter zu den Heiden. Stets predigte er erst in den Synagogen oder an den Orten, an denen sich Juden trafen. – Wenn dort aber kein Interesse bestand, dann ging er auf den Markt- oder Gerichtsplatz in der Stadt und predigte dort. Wenn nun dort Menschen an Christus glaubten, dann gründete sich eine Gemeinde, und die war den jüdischen Gemeinden oft lästig. Konkurrenz. Teils kamen einige aus dem Judentum dann zu diesen Gemeinden dazu.
Eine alte Legende: Ein alter Missionar schickte junge Leute los in die umliegenden Dörfer, damit sie dort predigen sollten. Als sie am Abend zurück kamen, fragte er: »Und? Haben die Menschen, denen ihr gepredigt habt, sich bekehrt? « – »Leider nein, fast keiner.« – »Habt Ihr ihnen mit der Predigt gedient, ihnen eine Freude gemacht?« – »Leider nein, sie haben uns fast überall weggejagt.« – »Dann haben sie sich zumindest an Euch geärgert, und werden drüber nachdenken. Das ist viel besser, als wenn sie gleichgültig geblieben wären…«
Ich hoffe, dass es bei uns, wenn wir etwas weitersagen, vielleicht noch besser läuft als in dieser Geschichte.
Fortsetzung am Donnerstag.
F.W.