JugendPlus online: Gammakurs »Römerbrief« Teil 12 – begleitetes Bibellesen für Fortgeschrittene.
Vorbemerkung zu Römer 9–11:
In diesen drei Kapiteln geht Paulus, der Christ, der sich als gewesenen, frommen Juden verstand, auf die Frage nach dem Verhältnis des Volkes Israel zu Gott ein. Es geht um die Frage, was aus der Erwählung wird und wie es sein kann, dass viele eben nicht Jesus als den Messias ansahen. Für das Verhältnis der anderen Christen und der Christen, die zuvor Juden waren, ergeben sich auch manche Fragen, die zu bedenken sind. – Einige sind sehr grundsätzlicher Art.
Sind die Zusagen Gottes an sein Volk Israel ungültig geworden? (Römer 9,1–5)
Die Frage ist, ob Israel, das erwählte Volk, von Gott verworfen worden ist. Ob es – wie eine heiße Kartoffel – von ihm fallen gelassen wird. Und Paulus stellt (völlig nachvollziehbar) fest: Das kann ja wohl nicht sein. Jesus ist aus dem Volk, die Bundesschlüsse fanden mit diesem Volk statt und es handelt sich um die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs.
Paulus spricht von einem Vorrecht: Israel ist gleichsam zuerst dran, Kinder Gottes zu heißen. – Alles käme ins Wanken, wenn Gottes Treue zu seinen Bundesschlüssen in Frage stände.
Gott trifft eine Auswahl (Röm. 9,6–13)
Gott ist und bleibt frei in seiner Auswahl und Entscheidung für einzelne in einer Gemeinschaft. Ich finde die Beispiele, die Paulus hier benennt, nicht unbedingt für mich überzeugend. Klar ist: Wenn es keine Erklärung gibt, warum einige zu einer Gruppe gehören, aber weder als Erwählte betrachtet werden können noch sich so benehmen, dann ist da ein Erkenntnisproblem. Paulus löst es wie hier gezeigt. Grundsätzlich gilt die Erwählung, aber nicht alle als einzelne Menschen sind im engeren Sinne erwählt, bloß weil sie zur Gruppe gehören, die erwählt ist.
Ich finde das kompliziert und nicht unbedingt überzeugend. Was aber feststeht: Gott bleibt souverän, er kann erwählen oder nicht. Wir sind da nicht in einer Position über seine Entscheidungen zu richten.
Gott verteilt sein Erbarmen nach freiem Ermessen (Röm. 9,14–29)
Für unser Verständnis ist es nicht erfreulich, wenn wir merken: Wir können Gottes Entscheidungen manchmal nicht verstehen. Paulus vergleicht uns mit dem Tonklumpen und Gott mit dem Töpfer. Wer möchte schon gerne ein Tonklumpen sein? – Andererseits: Wenn ich mir vorstelle, dass Gott der Töpfer ist, dann finde ich die Vorstellung gar nicht schlecht, von ihm geformt zu werden. Von ihm gebraucht zu werden. So wie es ihm gut erscheint, wie er mich gebrauchen möchte. Und ich hoffe, dass ich dabei nicht die schlechteste Rolle abbekomme: Möchte nicht unbedingt der ägyptische Pharao sein, dessen Streitwagen im Roten Meer versinken, weil Gott es so vorhatte. Aber: Wenn das Gott erforderlich schiene, wäre es immer noch besser als gegen Gott den Aufruhr zu proben.
Schon bei den Propheten, ausdrücklich nennt Paulus Hosea und Jesaja, wird das Heil über die Grenzen des Volkes Israel ausgeweitet. Darauf bezieht sich Paulus, so erklärt er sich, dass Heiden (also Leute von außerhalb des Volkes Israel) an den Messias, an Christus glauben.
Fortsetzung am Samstag.
F.W.