Dies ist ein Teil des begleiteten Bibellesens für Jugendliche. Der Betakurs ist für Einsteigende gedacht, solche, die möglicherweise erstmals ein biblisches Buch lesen.
Klage über die Schreckensherrschaft der Babylonier (Habakuk 1,12–17)
Wenn der Prophet einräumt und klar sagt, dass Gott die Babylonier zum Strafgericht gerufen habe, ist das unerhört. Der Gedanke, dass Gott die Heiden gebraucht, um sein Volk zu bestrafen: Kann das denn sein? Ist das nicht mehr als man denken darf? Der Prophet versteht Gott nicht. Er lässt zu, dass er Fragen hat, ohne die passenden Antworten zu kennen.
Geht es uns nicht auch oft ähnlich? Wir verstehen manchmal nicht, was Gott tut und wozu das dient. Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken. Die Frage ist: Bleiben wir dran an ihm, auch dann, wenn wir nicht alles verstehen?
Für mich ist eine der größten Herausforderungen für meinen Glauben, wenn ich – z.B. in einem früheren Konzentrationslager oder in Dokumenten, leider nicht nur historischen – im Detail damit konfrontiert werde, wie Menschen mit anderen umgehen. Wie kann das denn sein? Wie konnte/kann Gott das geschehen lassen? Oft habe ich keine passende Antwort. – Ich weiß es nicht. Aber: Ich bin auch nicht auf Gottes Stufe. Auch in den Prophetenbüchern gibt es das Bild, dass der Ton ja ncht den Töpfer kritisieren kann. Ja, so ist es (leider). Aber ich kann es Gott sagen und klagen.
Gottes Antwort: Das Recht bleibt ein unverrückbarer Maßstab (Hab. 2,1–5)
Habakuk bekommt eine Antwort von Gott. Immerhin ist er beharrlich mit seinem Fragen und (an-)klagen: Gott lässt dem Propheten eine Nachricht für alle zukommen, eine, die er »in deutlicher Schrift« allen vor Augen führt: »Wer falsch und unredlich ist, geht zugrunde; aber wer mir die Treue hält und das Rechte tut, rettet sein Leben«.
Hier bietet das, was Gott sagt, die Prinzipien der klassischen Weisheitsliteratur: Dem Gerechten wird es – gegebenenfalls auch wenn es länger dauert – schließlich gut gehen, der Böse oder Ungerechte wird bestraft werden. In den Psalmen, in den Sprüchen und vielen biblischen Texten finden wir dieses Konzept. Es ist auch einleuchtend.
Erst in späteren Texten unserer Bibel begegnet uns das Gegenkonzept: Im Buch Prediger (Kohelet), bei Hiob (Ijob) usw. finden wir, dass vieles Ungerechte geschieht, das wir nicht verstehen können. – Zum Leben braucht es beide Konzepte: Wir leben so, dass es Gott eine Freude ist: Bemühen uns, achtsam, liebevoll, usw. mit den anderen umzugehen, und zwar insbesondere deshalb, weil sich darin eine Achtung für Gott ausdrückt, der die Menschen gemacht hat. Alle Menschen, auch die bösen. – Und andererseits wissen wir, dass wir mit unserem Denken nicht alles werden fassen können.
Wenn es Menschen gibt, die Dich schlecht behandeln, dann versuch einmal, für sie zu beten. Heute.
Fortsetzung am Montag.
F.W.