In diesen denkwürdigen Zeiten ist manches anders. Heute gab es noch einen Gottesdienst in der Johanneskirche und auch ein Angebot für die Jugendlichen von 12 Jahren an aufwärts, die Teeniekirche.
Weil erstmal alles ausfällt in der Gemeinde, stellen wir das Angebot zum Nachlesen und Nachdenken (nicht nur für Jugendliche) hier zur Verfügung.
Thema: Hiobsbotschaften – und was wir draus machen.
Einstieg:
Wir haben im Gottesdienst mehrfach (unter den Abkündigungen und Gebetsanliegen) das Stichwort »Hiobsbotschaften« gehört. Was ist das eigentlich, so eine Hiobsbotschaft? – Wir lesen Hiob 1: Hiob verliert seine Kinder und seinen Besitz. Weiterhin hält sich Hiob zu Gott. Er bleibt gottesfürchtig. Die Fortsetzung wurde nacherzählt: Seine Gesundheit wird angegriffen. Und dann kommen Hiobs Freunde und schlagen ihm vor, doch endlich einzuräumen, wo er sich gegen Gott versündigt habe, damit ihm vergeben werden könne. – Hiob ist und bleibt sich keiner Schuld bewusst.
Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde, das ist mal klar.
Kurze Nacherzählung »Die Pest« von Albert Camus
Haupthandlungsstrang: Dr. Rieux ist in Nordafrika Arzt, als es zu hartnäckigen Krankheitsfällen kommt. Er hat den Verdacht, dass es sich um die Pest handeln könnte, spätestens als statt klarer Aussagen eine Abriegelung der Gegend erfolgt und es zu immer mehr Toten kommt. – Stichwort «Geworfenheit ins Sein«, Existenzialismus. Man kann es sich nicht aussuchen, man wird geboren, irgendwann stirbt ein Mensch. In der Zeit dazwischen haben Menschen die Aufgabe, solidarisch, verantwortungsvoll zu leben und zu handeln. Das macht die Hauptperson im Roman, der Arzt, vor. – Aber Hoffnung hat er nicht. Er ist seiner empfundenen Pflicht gehorsam, aber er fühlt sich wie der Sisyphus im Mythos: Täglich gilt es, einen Stein den Berg hochzuschieben, der wieder herunter rutscht.
Szenenwechsel: Paulus und Silas in Philippi:
Apostelgeschichte 16,11–40 (teils gelesen, teils erzählt): Paulus uns Silas treiben den Wahrsagegeist einer Sklavin aus, so dass deren Herren die beiden anklagen (denn ihnen ist eine Einnahmequelle weggebrochen): Die beiden Christen werden geschlagen, ins Gefängnis geworfen und dort sicher verwahrt. – Bis sie gegen Mitternacht Gott loben und Psalmen singen. Es kommt zu einem Erdbeben, in dessen Verlauf die Gefängnismauern zerbrechen. Der Gefängnisaufseher will sich schon das Leben nehmen, aber die Gefangenen sind nicht weg, wie er es befürchtet hatte. Statt dessen berichten ihm Paulus und Silas das Evangelium und der Kerkermeister lässt sich mit seiner Familie taufen.
Warum sangen Paulus und Silas wohl? Waren doch keine Masochisten? Wären die nicht lieber in ihrer Heimat, als sich verprügeln und einsperren zu lassen? Ist das Singen so eine Art Selbstvergewisserung? So wie das Pfeifen im Walde, wenn man Angst hat? Oder war das eine Art von Ritual oder Brauch? Sangen die immer? War das eine ihrer Gewohnheiten, Gott zu loben und zu beten? Zur Zeit und zur Unzeit?
Ich wünsche mir diese Haltung: Ich kann nicht ändern, was kommt. Ob es eine Gefangennahme, ein Virus ist oder eine abgesagte Reise ist. Ich wünsche mir aber, dass ich stets an Gott festhalte. Dass ich sehe: Er ist größer und mächtiger als mein Ärger, meine Ängste und Nöte. Das Leben (von Christen) ist kein Wunschkonzert und kein Ponyhof, aber es ist auch kein Zufall, sondern es folgt Gottes Plan. – Selbst dann, wenn ich nichts davon sehe.
Als wir da waren, war die Zeit der Teeniekirche um. Wir haben noch eine Austauschrunde und eine Gebetszeit mit Vater Unser zum Abschluss gehabt. Was eigentlich noch kommen sollte, das ist Reinhold Niebuhrs »Gelassenheitsgebet« bzw. »Serenity Prayer«, das bis in die frühen 1930er Jahre zurückgeht.
God, give me grace to accept with serenity
the things that cannot be changed,
Courage to change the things
which should be changed,
and the Wisdom to distinguish
the one from the other.
Living one day at a time,
Enjoying one moment at a time,
Accepting hardship as a pathway to peace,
Taking, as Jesus did,
This sinful world as it is,
Not as I would have it,
Trusting that You will make all things right,
If I surrender to Your will,
So that I may be reasonably happy in this life,
And supremely happy with You forever in the next.
Amen.
Deutsch etwa:
Gott, gib mir die die Gnade, Dinge mit Gelassenheit hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Einen Tag nach dem anderen zu leben,
einen Moment nach dem anderen zu genießen.
Entbehrung als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren,
sie anzunehmen, wie Jesus es tat:
diese sündige Welt, wie sie ist,
und nicht, wie ich sie gern hätte,
zu vertrauen, dass Du alles richtig machen wirst,
wenn ich mich Deinem Willen hingebe,
sodass ich in diesem Leben ziemlich glücklich sein möge
und im nächsten Leben für immer überglücklich.
Amen.
Dieses Gebet (in leicht veränderter Gestalt) ist bei den Treffen etwa der Anonymen Alkoholiker und anderer Selbsthilfe-Gruppen üblich. – Es in Zeiten von Corona zu beten, zu tun, was an uns ist. Den Blick auf Gott zu richten, das empfehle ich uns allen und mir selbst zuerst.
F.W. (Teeniekirche am 15.03.20)