Fortsetzung des »begleiteten Bibellesens« für Fortgeschrittene…
Gott selbst hat eingegriffen (Römer 3,21–31)
Im vorherigen Abschnitt hat Paulus dargestellt, wie alle Menschen es nicht schaffen, heilig zu leben. Die Juden haben das Gesetz, sie sind insofern besser informiert. Aber sie haben auch nicht so gelebt, wie Gott das gewünscht und gefordert hat. Alle sind schuldig geworden, ob nun mit Gesetz des Mose oder ohne. – Nun beschreitet Gott einen neuen Weg, das teilt der Apostel der Gemeinde in Rom mit.
Wenn er von Jesus Christus schreibt, der geglaubt werden müsse, so meint er damit nicht die Existenz einer historischen Person. Es geht ihm vielmehr um das Geschehen, das sich ereignete. Dass also in einem unschuldigen Menschen, in seinem Sohn, Gott selbst die Rettung bewirkt habe. Er ließ Jesus kreuzigen, wie ein Schaf, das als Opfertier für die Schuld von Menschen geopfert wird. – Das ist heute kaum mehr zu verstehen, weil wir nicht mehr so denken: Bei uns ist Schuld immer persönliche, individuelle Schuld. Also ist klar, dass die kein anderer tragen kann. Opfer gibt es heute (in diesem Sinne wie in der Antike) nicht mehr.
Paulus geht auf die Details der Versöhnung hier nicht ein. – Er stellt fest: Für alle Christen, die, die zuvor Juden waren und auch für die anderen, gibt es keinen Grund (mehr), sich zu rühmen. In V.28 stellt Paulus klar: Diese Versöhnung in Jesus Christus glaubt einer, nimmt sie an in dem Sinne, dass er sie auf sich selbst bezieht. Das ist dann Glaube an Jesus Christus. Und darin besteht das Christentum.
Hier sind wir bei einem Ansatzpunkt für zahlreiche Missverständnisse früher und heute. – Entweder geht es um den Glauben an das Evangelium in Jesus Christus (also: Dass Gott Mensch wurde, die Schuld der Welt ans Kreuz trug, damit dem Gesetz Genüge tat und in der Auferweckung Jesu Christi den Sohn bestätigte.) – oder es gibt andere Kriterien, die Menschen zusätzlich als erforderlich darstellen. Sei es das Einhalten bestimmter Vorschriften, Gesetze, sei es etwa eine Taufe (ob nun als Kindertaufe oder als »Glaubenstaufe« von Erwachsenen): Natürlich ist es gut, getauft zu sein. Natürlich ist es hilfreich, nach Regeln zu leben, auch als Christin oder als Christ. Aber: Existenziell wichtig ist allein der Glaube.
Jedes Hinzufügen ist ein Kleinmachen des Glaubens. – Glaube in diesem Sinne ist aber nicht bloß ein »für-wahr-halten«. Es geht dabei um etwas Existenzielles, wie der folgende Abschnitt deutlich macht:
Das Beispiel Abrahams (Römer 4,1–12)
Die einfache Frage lautet: Was hat Abraham eigentlich getan? Er ist aus seinem Vaterland, aus dem Kreis seiner Familie, wo es ihm gut ging, auf Gottes Auftrag hin losgegangen in ein fremdes Land, in das Gott ihn zu bringen versprochen hat. Wer es nachlesen möchte, möge 1. Mose 12ff ansehen!
Anders gesagt: Glaube ist keine Leistung, sondern ein »Sich von Gott angeredet wissen« und – ganz wichtig – dem zu gehorchen. Irgendwann geschieht das hoffentlich allen: Wir werden von Gott angesprochen. Das schildert Bonhoeffer eindrücklich in seinem Buch »Nachfolge« im Kapitel »Der Ruf in die Nachfolge«: Glücklicherweise haben wir das hier auf der Seite. Hier ist der Link. – Auch Bonhoeffer stellt fest: Es geht um den Gehorsam, und zwar, weil es Gott ist, der da ruft.
Den Bonhoeffer-Text empfehle ich Euch sehr zu lesen. – Und damit ist es für heute auch genug. Fortsetzung am Samstag!
F.W.