Fortsetzung des »begleiteten Bibellesens« für Fortgeschrittene…
Das jüdische Volk macht keine Ausnahme (Römer 2,17–29)
Es gibt nicht bloß in Rom Menschen, die meinen, genau zu wissen, was Gottes Wille ist. Wie man dieses und jenes tun oder handhaben sollte. Sie lehren es auch gerne. – Und das Judentum in der Antike war ja eine Schriftreligion: Man hatte es also schriftlich, dazu die Geschichte der Auslegungen. Das ist wie so mancher, der seit früher Jugend in der Kinderkirche gelernt hat, wie Glaube funktioniert und wie man als Christenmensch leben muss.
Die Frage, die uns mit den damaligen Judenchristen (also Christen, die zuvor Juden waren und die jüdischen Gesetze weiter halten, auch wenn sie inzwischen Jesus als den Messias, den Christus erkannt haben) verbindet, lautet: Tun wir das, was wir als richtig erkannt haben. – Es gibt leider so viele, die vieles wissen, ja auch lehren, aber eben nicht leben.
Wer weiß, dass Ehebruch eine Sünde ist, es aber trotzdem tut, was soll man davon halten. – Besonders Jugendliche haben für solches Auseinanderfallen von Anspruch und Wirklichkeit ein feines Gespür. Gut so. Allerdings werden wir wohl einräumen müssen, dass bei uns allen (aber in unterschiedlichem Maße) Anspruch und Wirklichkeit auseinander gehen. Mal weniger (und daran arbeiten wir) und mal mehr (ich denke an die »Fridays for Future« und die Fernreise mit Flugzeug). Was ich lerne ist: Erstens: Selbst besser machen! und: Zweitens: Ich sollte mich keinesfalls für besser oder überlegen halten, bloß weil ich das eine oder andere weiß oder gut sagen kann. (auch daran arbeite ich – an mir!)
Auseinandersetzung mit Einwendungen (Römer 3,1–8)
Dieser Abschnitt stellt Fragen, die sich allen denkenden Menschen in der Nachfolge stellen. Wie kann es sein, dass Gott sein Volk Israel erwählt hat, und dann auch andere beruft? Macht das die Erwählung nicht zunichte? Ist Gott treu, wenn Jesus zwar zuerst zu den Juden kam, aber bereits unter Paulus eben auch viele andere in Jesus den Christus erkannten?
Zweite Frage (und noch viel eher herausfordernd): Könnte Gott nicht auch andere (heute) erwählen, wenn seine Christen (ob nun Heidenchristen wie wir fast alle oder frühere Juden) nicht nach Gottes Willen fragen und noch weniger entsprechend leben? Könnte also Gott uns möglicherweise verwerfen? Nichts mit Himmel, Ziel verfehlt, …?
Paulus stellt fest, dass es so keinesfalls sein kann, denn die Untreue von Menschen wird Gottes Treue keinesfalls aufheben. Allerdings haben wir ja auch einen Verstand bekommen (an den Paulus hier im Römerbrief immer wieder sich wendet), der uns sagt, wie wir Gottes Willen nicht allein kennen können, sondern auch erfüllen.
Kurze Aufgabe für Dich: Nimm Dir fünf Minuten und schreib drei oder fünf Punkte auf, wo Du konkret Gottes Willen erfüllen willst. Und die setz dann bitte auch um, denn Aufschreiben allein bringt leider nichts.
Das Ergebnis: Kein Mensch kann vor Gott bestehen (Römer 3,9–20)
Man unterstellt Paulus offenbar, dass er sich um eine klare Aussage herumdrücke, ob die Juden nun besser (dran) sind. Er stellt fest: Ja, sie sind besser dran, sie haben das Gesetz (und die Propheten). Sie wissen also genau, was Gottes Wille ist. – Und seine zweite Feststellung: Alle Menschen bleiben weit hinter dem zurück, was Gott ausmacht: Wir sind nicht heilig, er aber.
Wir tun so leicht so, als genüge es, wenn wir nicht zu den ganz schlechten gehören. Ja, wir haben niemanden umgebracht, bisher. Wir haben (bisher) keine Ehe gebrochen… Und wir wissen immer jemanden, der (verglichen mit uns) schlechter ist. Paulus aber stellt hier fest, dass das Gesetz ja keine relativen Maßstäbe liefere, sondern Heiligkeit fordert. Also nicht sagt: Seid bei den moralisch besten 30 %, sondern: Seid so wie Gott! Seid absolut frei von Sünde. – In dieser Hinsicht stellt er fest, dass die, die früher Heiden waren, und die, die einmal Juden waren und das Gesetz praktizieren, gleichermaßen schuldig sind.
Die Lösung des Problems hat Paulus auch, übermorgen. – Für heute ist die Erkenntnis: Es geht nicht um relative Urteile, darum, wer besser oder schlechter ist. Klar, es hilft, wenn ich mir gute Vorbilder (etwa auch in Glaubensdingen) suche. Wie im Sport oder in der Musik: Das spornt an, das zeigt, wo es hingehen kann. ABER: Letztlich geht es, bevor wir zu einer Lösung kommen, darum, dass wir erkennen: Wir sind alle schuldig. Niemand ist perfekt, niemand ist unschuldig! Leider gilt das auch für Dich. – Und auch für mich.
Fortsetzung übermorgen, am Donnerstag.